Rechtsanwalt Karl Engels Betäubungsmittel
Die "nicht geringe Menge" BDMPEA

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat durch Beschluss vom 09.08.2022 (3 StR 206/22) entschieden, dass für 2CB (Bromdimethoxyphenethylamin, BDMPEA) die nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 sowie § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG bei einem Gramm beginnt.

Entscheidungsgründe (auszugsweise):

Bei 2CB (Bromdimethoxyphenethylamin, BDMPEA) - chemische Bezeichnung: 4-Brom-2,5-dimethoxyphenethlyzan - handelt es sich um ein halluzinogen wirkendes Phenethylamin aus der 2,4,5-trisubstituierten 2C-Reihe, deren Vertreter durchweg eine große Affinität zu den zwei Serotonin-Rezeptoren 5-HT2A und 5-HT2C zeigen. Die in Tabletten- oder Kapselform zur oralen Einnahme angebotene Substanz stimuliert das Nervensystem mit der Folge von Bewusstseinserweiterungen bis hin zu Halluzinationen oder Wahnvorstellungen. Damit ähnelt sie in ihrer Wirkung Rauschmitteln wie MDMA, Amphetamin oder - bei entsprechend hoher Dosierung, mit der die Gefahr einer irreversiblen Schädigung des zentralen Nervensystems einhergeht - LSD. Zur Bestimmung des Grenzwertes der nicht geringen Menge von 2CB sind Konsumentenangaben und experimentell ermittelte pharmakologisch-toxikologische Daten heranzuziehen, da keine sicheren Erkenntnisse zur äußerst gefährlichen bzw. Letaldosis vorliegen. Der Grenzwert von 1 g ergibt sich dabei aus einem Vergleich von 2CB mit dem in Wirkungsweise und Molekülstruktur ähnlichen Mescalin. Auch weil Konsumenten bei dieser Substanz von üblichen Dosierungen zwischen 200 und 300 mg berichten, wohingegen bei 2CB Mengen von 5 bis 20 mg üblich sind, ist anzunehmen, dass 2CB 16fach potenter als Mescalin ist. Dessen nicht geringe Menge errechnet sich dabei auf 15 g, verglichen mit LSD, das ebenfalls am 5-HT2ARezeptor wirkt, dessen Grenzwert bereits auf 6 mg festgesetzt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. September 1987 - 1 StR 191/87, BGHSt 35, 43, 48 f.) und das 2.500-mal potenter als Mescalin ist (vgl. Bork/Dahlenburg/u.a., Toxichem Krimtech 2019, 5, 18 f., 40 ff.; Nichols, Pharmacol Rev. 2016, 264, 311 ff.; Skopp, Rechtsmedizin 2019, 511; Villalobos/Bull/u.a., Brit. Journ. of Pharmac. 2004, 1167; siehe auch AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 26. Januar 2022 - 843 Ls 106/21, NStZ-RR 2022, 251 m. Anm. Lang/Dahlenburg).


HRRS 2022 Nr. 988